Freiburger Wochenbericht: Politik mit dem „Like“-Button

Der Freiburger Oberbürgermeisterwahlkampf wird erstmals auch in sozialen Netzwerken ausgetragen

Die heiße Phase des Wahlkampfs ums Freiburger Rathaus beginnt am heutigen Mittwoch mit der ersten großen Podiumsdiskussion im Rotteck-Gymnasium. Danach geht es Schlag auf Schlag weiter: über ein Dutzend Podiumsdiskussionen, Auftritte in der Fußgängerzone, Kneipen-Talk und Tür-zu-Tür-Wahl- kampf. Erstmals spielen außerdem soziale Medien eine Rolle.

Seit vergangenem Freitag registrieren auch Menschen, die sich kommunalpolitisch weniger interessieren, dass in Freiburg der Wahlkampf auf Touren kommt. Die Kandidaten, die sich um das höchste Amt der Stadt bewerben, werden auf den Straßen sichtbar: in Form von Wahlplakaten, die an Masten und Bäumen prangen.

Im Internet hingegen läuft der Wahlkampf schon länger. Was auf Bundes- und Landesebene längst Normalität ist, ist in Freiburg neu: Die Kandidaten präsentieren sich aktiv in den Sozialen Medien und werben dort um Stimmen. „Seit dem letzten Wahlkampf hat sich vieles gewandelt. Zum Beispiel, dass klassische Medien Inhalte von Kandidaten aus Facebook abdrucken – das gab es etwa bei der Bundestagswahl. Deshalb haben wir uns dieses Mal entschieden, noch präsenter zu sein und haben uns vorher überlegt, was zum Kandidaten passt und was nicht“, erklärt Jan Otto, der die Kampagne von Amtsinhaber Dieter Salomon (Die Grünen) organisiert.

Der parteilose Kandidat Martin Horn, der von der SPD unterstützt wird, liegt in der Facebook-Gunst derzeit rund 400 Follower vor dem Amtsinhaber, der an der 1.000er-Marke liegt. Die für ein linkes Bündnis antretende Monika Stein folgt mit knapp 860 Abonnenten. Gezeigt werden professionell produzierte Imagefilme, Filmsequenzen von Wahlkampfauftritten und Begegnungen, aktuelle Bilder, Slogans, Statements von Unterstützern und Besuche der Kandidaten bei Veranstaltungen und Vereinen. Vor allem aber dienen die Auftritte dem direkten Dialog. Bürger können Fragen stellen, loben oder Anregungen geben und erhalten in der Regel ein Feedback des Kandidaten. „Ich habe das Gefühl, dass es bisher sehr gut ankommt bei den Leuten, und dass es sich immer weiter verbreitet“, erklärt Monika Stein. Sie ist die einzige Kandidatin, die sich auch auf der bei Jugendlichen beliebten App Snapchat bewegt und bei Twitter aktiv ist. Zum gestrigen Redaktionsschluss zählte sie dort 59 Follower. Martin Horn setzt indes noch auf Instagram, während das Salomon-Team auf den Videoplattformen Youtube und Vimeo unterwegs ist.

Dass sich sowohl Salomon als auch Horn gegen Twitter entschieden haben, liegt daran, dass man die Reichweite des Kurznachrichtendienstes innerhalb der Freiburger Bürgerschaft für überschaubar hält. „Twitter ist ein etablierter Kanal für Meinungsmachende, aber weniger für Konsumenten“, so Jan Otto. Auch Horn glaubt, dass Twitter im privaten Bereich kaum eine Rolle spiele.

„Das Social Media-Thema muss ein Stück weit zum Kandidaten passen. Snapchat oder Instagram sind sehr persönliche Kanäle mit vielen Fotos. Das hätte Dieter Salomon daher auch persönlich machen müssen, was er aber aus terminlichen Gründen gar nicht leisten könnte. Auch wenn wir auf Instagram wohl ein noch jüngeres und fotoaffineres Publikum erreicht hätten“, erklärt Jan Otto. Wichtiger sei der Hauptfilm zur Kampgane, der seit einigen Tagen abrufbar ist. „Wir versuchen in den nächsten Wochen bis zur Wahl immer mal wieder einen Höhepunkt zu bringen“, kündigt Otto an.

In einer Sache sind sich alle Kandidaten einig: Die Sozialen Medien sollten nicht überschätzt werden und Likes sind nicht gleichzusetzen mit Stimmen. „Das, was Wähler am Ende überzeugt, ist weniger, ob man nun auf den Plakaten nett lächelt oder gut gemachte Filme postet, sondern der persönliche Eindruck und wofür man politisch steht. Das funktioniert nur im direkten Gespräch mit den Bürgern vor Ort“, ist Horn überzeugt. Wie man auf ganz andere Art und Weise für Diskussionen sorgt, zeigte indes am vergangenen Samstag der parteilose Kandidat Stephan Wermter, der eine ganzseitige Anzeige im Lokalteil der BZ schaltete und dort ein provokantes Interview mit sich selbst führte.

Nach Einschätzung von Dieter Salomons Wahlkampfmanager wird der wichtigste Faktor am 22. April, dem Wahltag, die Mobilisierung sein. „Deshalb haben wir die überparteiliche Initiative „Stimmen für Salomon“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, das direkte Umfeld zu mobilisieren“, berichtet Jan Otto. Dabei setzt die Salomon-Kampagne unter anderem auch auf Telefon- und Postkartenaktionen sowie Infostände. Neben Anzeigenschaltungen in Freiburger Zeitungen wird es zudem eventuell auch einen Kinospot geben.

Sven Meyer

Quelle: https://www.freiburger-wochenbericht.de