Freiburger Wochenbericht: Die Wahl wird zum Thriller

Knapp 3.000 Stimmen liegen zwischen Horn und Salomon – Kandidaten blasen zum Turbo-Wahlkampf

Freiburg reibt sich die Augen: Der parteilose Martin Horn hat bei der OB-Wahl die meisten Stimmen erhalten. Vor dreieinhalb Monaten tauchte der 33-Jährige aus dem Nichts auf. Nun sorgt er für bundes- weite Schlagzeilen. Amtsinhaber Dieter Salomon gibt sich derweil kämpferisch und will bis zum zweiten Wahlgang am 6. Mai das Ruder herumreißen. Doch was macht Monika Stein in diesem Thriller?

Dass der von der SPD unterstützte parteilose Kandidat Martin Horn im ersten Wahlgang vor Amtsinhaber Dieter Salomon über die Ziellinie gehen würde – damit hatte nahezu niemand gerechnet. Am wenigsten Dieter Salomon selbst, dem am Wahlabend der Schock ins Gesicht geschrieben stand.

Keine Frage: Dieser Wahlkampf, in dem es auch um Salomons politisches Lebenswerk geht, hat Substanz gekostet. Als sich der Grünen-Politiker für seinen Auftritt auf der Bühne gesam- melt hatte, erklärte er: „Ich denke, im ersten Wahlgang haben die Freiburger einen Denkzettel verteilt, im zweiten werden sie richtig wählen.“ Salomon will nun alles mobilisieren, um die Wende zu schaffen. „Wir werden mit der großen Unterstützung, die wir gerade erhalten, alles daransetzen, das Ding umzubiegen. Das heißt, wir werden mit sehr vielen Menschen reden und nochmal deutlich machen, was auf dem Spiel steht: Es geht um die Fortführung einer erfolgreichen Politik, für die man eine Person mit Erfahrung an der Spitze braucht“, erklärt Salomon gegenüber dem Wochenbericht. Sein Wahlkampf-Manager Jan Otto hat den Eindruck dass viele, die Salomon weiterhin an der Rathausspitze haben wollen, erst durch das Ergebnis aufgewacht seien.

Martin Horn, der bis Januar in der Stadt völlig unbekannt war, will bis zum entscheidenden Wahlgang, bei dem bereits die einfache Mehrheit reicht, ebenfalls nochmal alles mobilisieren. Horn glaubt fest daran, dass das Momentum anhält: „Viele haben die Wechselstimmung, die ich von Anfang an in dieser Stadt empfunden habe, immer kleingeredet. Nun ist der Veränderungswunsch ganz klar sicht- bar. Fast 70 Prozent haben nicht Salomon gewählt und das bei einer gestiegenen Wahlbeteiligung. Wir werden den Wahlkampf so wie bisher authentisch und lebensfroh bespielen“, erläutert er.

Ebenso wie Salomon will Horn in die Stadtteile gehen. „Wir haben ein ganz konkretes 100-Tage-Programm, das jeder auf meiner Homepage nachlesen kann. Es geht um einen Neuanfang – auch inhaltlich“, erklärt Horn.

Salomon betont derweil: „Mein Team und ich möchten in den grünen Milieus klar herausstellen, dass ich für Klimaschutz und ökologische Politik und auch für eine soziale Stadt stehe.“

Die Wucht, mit der die Politik des amtierenden OBs an den Wahlurnen abgestraft wurde, führt Dieter Salomon nicht zuletzt auf eine „diffuse Stimmung gegen das Establishment“ zurück. Ungewöhnlich ist das schwache Ergebnis in Anbetracht einer seit Jahren boomenden Stadt in der Tat. Für den Politikwissenschaftler Michael Wehner spielt hier eine nicht immer glückliche Art der Kommunikation eine Rolle: „Die Ablehnung gegenüber seiner Art der Stadtführung ist offenbar doch weiter verbreitet als angenommen.“ Noch wichtiger aus Sicht des Polit-Experten sind aber zwei andere Faktoren: „Salomon ist zum einen an der Mobilisierungsschwäche des bürgerlichen Lagers gescheitert, zum anderen daran, dass Martin Horn, der Charme des Neuen umgibt, dem offenbar viele erlegen sind.“

Für Salomon sei jedoch in Anbetracht des geringen Rückstands noch alles drin, insbesondere, wenn man sich die relativ niedrige Wahlbeteiligung in den eigentlichen Salomon-Hochburgen anschaue, so Wehner. Zum entscheidenden Faktor könnte die Drittplatzierte Monika Stein werden. Ob sie auch im zweiten Wahlgang antritt, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Sicher ist indes, dass es am Mittwoch, 2. Mai eine finale Podiumsdiskussion mit den Kandidaten geben wird. Nach einem Veranstaltungsort wird fieberhaft gefahndet.

Quelle: Freiburger Wochenbericht vom 25.04.2018