bbheute.de: „Jetzt ist die Zeit für einen Wechsel“

Sindelfingen: Martin Horn kandidiert für das Amt des Oberbürgermeisters in Freiburg / Herausforderer des Grünen Dieter Salomon / Die Wahl ist am 22. April

Aus dem dritten Stock des Sindelfinger Rathauses an die Spitze der viertgrößten Stadt in Baden-Württemberg: Martin Horn, der Europa-koordinator der Stadtverwaltung, fordert Amtsinhaber Dieter Salomon (Grüne) heraus und will Oberbürgermeister in Freiburg werden. Die SZ/BZ begleitete den 33-Jährigen im Wahlkampf.

Der Tag ist noch jung, aber Martin Horn schon auf Betriebstemperatur. Bei einem Kaffee lässt der gebürtige Pfälzer eine Diskussion am Vorabend im Gewerkschaftshaus Revue passieren und macht sich dann auf den Weg zum ersten Termin. In dieser Woche ist St. Georgen, der größte Stadtteil von Freiburg, im Fokus des Kandidaten. Er marschiert von Tür zu Tür und am Donnerstagabend heißt es im Restaurant Schiff: „Auf ein Bier mit Martin Horn“.

Der OB-Wahlkampf an der Dreisam nimmt Fahrt auf und hinter dem 33-Jährigen liegt ein Wochenende mit Terminen, Gesprächen und auch körperlicher Arbeit. Seit Freitag, 16 Uhr, darf plakatiert werden und der Kandidat legt zusammen mit rund 30 Helfern Hand an, um sein Konterfei quer durch die Breisgau-Metropole zu platzieren. Dass der Konkurrenz ein paar „Spielregeln-Verstöße“ unterlaufen sind, sieht man im Team Horn gelassen.

Es ist eine bunte Truppe aus Studenten und Handwerkern, Genossen und Gewerkschaftern, Schülern und Sportlern, die die Kandidatur von Martin Horn aktiv und inhaltlich begleiten. Übers Wochenende sind auch drei Mitarbeiter aus dem Sindelfinger Rathaus da und machen Wahlkampf für ihren Kollegen.

Überparteilicher Kandidat

Der 33-Jährige, der mit seiner Frau Irina und seinem kleinen Sohn in Stuttgart lebt, wird von der Freiburger SPD unterstützt, geht aber als überparteilicher Kandidat ins Rennen. „Ich teile sozialdemokratische Werte, auch wenn ich kein Genosse bin. In Neuseeland habe ich für Greenpeace gearbeitet – ich bringe auch viel Grün mit“, sagt er in einem Interview der Badischen Zeitung.

Auch der Zahnarzt und FDP-Bundestagskandidat Dr. Adrian Hurrle oder der Ehrenvorsitzende der CDU Freiburg-West, Horst Dieter Akermann, gehören zu seinem Unterstützer-Kreis. Auf seiner Internetseite lobt Sabine Kober, Parteifreundin von Amtsinhaber Dieter Salomon, das Fachwissen und das Engagement von Martin Horn: „Er baut Brücken zwischen den Akteuren und wird dafür fraktionsübergreifend in Sindelfingen sehr geschätzt“, schreibt die Stadträtin der Grünen.

Seine Kandidatur und sein Wahlkampf finden Zuspruch und Zulauf. Wie auch eine seiner Kernaussagen: „Ich stehe für einen Politikstil, der zuhört und ernst nimmt“, schreibt Horn in seiner Wahlbroschüre. Im Stadtteil St. Georgen nehmen ihn Martin Faber und Otmar Kiefer beim Wort. Der Winzer und der Biolandwirt kommen mit ihren Betrieben über die Runde, beklagen aber wie andere, alteingesessene St. Georgener auch, dass der Stadtteil die Melkkuh von Freiburg ist und der Oberbürgermeister die Anliegen der Bürger stiefmütterlich behandelt. „Die Stadt kassiert eine Fläche nach der anderen, aber wir haben nicht einmal eine Anbindung an die Stadtbahn“, kritisiert Martin Faber die Stadtpolitik.

„Im Weinberg nur noch geduldet“

Die Felder des Biobauern und die Wege zwischen den Reben werden von den Städtern und Hundebesitzern für die Naherholung und zum Gassi-Gehen genutzt, aber dass sie sich auf Privatgelände bewegen, „stört sie nicht und die Stadt interessiert es nicht“, klagt Otmar Kiefer. Und Martin Faber setzt noch einen drauf: „Wir sind in unseren Weinbergen nur noch geduldet.“

Diese Alltagsschwierigkeiten sind das eine, die Kommunikation und das Verhalten der Stadtregierung das andere Problem, das die St. Georgener im Gespräch mit dem OB-Kandidaten auf die Palme bringt. „Dass hier ein großes Baugebiet mit 6000 Wohnungen geplant wird, erfährt man aus der Zeitung. Man fühlt sich verschaukelt, und wir haben das Gefühl, dass die Stadtspitze nicht zuhört“, sagt der Winzer, der das Weingut zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern führt.

Das muss sich ändern. „Freiburg braucht mehr Bürgerdialog, mehr Transparenz“, sagt OB-Kandidat Martin Horn und attackiert den Amtsinhaber: „Viele Freiburger fühlen sich aktuell nicht mehr wahrgenommen.“ Sollte Dieter Salomon wiedergewählt werden, geht er in seine dritte Amtsperiode und könnte dann 24 Jahre OB von Freiburg sein. „Das ist zu lang, und deshalb ist jetzt die Zeit für einen Wechsel“, findet Martin Horn.

Ob der Mann aus dem Sindelfinger Rathaus einen ähnlichen Husarenritt wie Dr. Stefan Belz in Böblingen hinlegen kann, ist fraglich, doch Dieter Salomon reagiert zunehmend nervös. Die Landeszentrale für politische Bildung und die Badische Zeitung als Kooperationspartner haben in dieser Woche den bundesweit ersten Kandidat-O-Mat für eine OB-Wahl gestoppt, nachdem Oberbürgermeister Dieter Salomon seine Teilnahme kurzfristig abgesagt hatte.

Quelle: https://www.bbheute.de/nachrichten/jetzt-ist-die-zeit-fuer-einen-wechsel-17-3-2018/