Antwort der Außenstelle Freiburg der Landeszentrale für politische Bildung auf den Offenen Brief

Antwort der Außenstelle Freiburg der Landeszentrale für politische Bildung auf den Offenen Brief von Martin Horn, Stephan Wermter und Anton Behringer Freiburg (und Monika Stein) zur Freiburger Oberbürgermeisterwahl 2018.

Mit großem Respekt und Wertschätzung haben wir Ihren offenen Brief mit der Bitte den Kandidat-O-Mat (KOM) – trotz der Absage des Freiburger Oberbürgermeisters -durchzuführen zur Kenntnis genommen.

Die vielfältigen, kritischen und konstruktiven Rückmeldungen der letzten Tage in den sozialen Medien zeigen, wie wichtig und bedeutend mittlerweile vielen Menschen diese Voting Advice Applications sind und dass sie zunehmend ein unverzichtbarer Bestandteil unserer politischen Kultur werden. Über die engagierte Unterstützung unseres Vorhabens haben wir uns sehr gefreut.

Zurückweisen müssen wir allerdings die beiden Vorwürfe der kurzfristigen Absage und Verschwendung von Steuergeldern. Am 13. März haben wir noch einmal – leider vergeblich – versucht das Team Salomon zu einer Mitarbeit am Kandidat-O-Mat zu bewegen. Nach der endgültigen Absage haben die Badische Zeitung und die Landeszentrale einvernehmlich entschieden, das Projekt zu stoppen. Sofort nach der getroffenen Entscheidung wurde die Kandidierenden informiert, bevor die Entscheidung den Medien bekannt gegeben wurde. Die bislang investierten Projektkosten sind nicht verschwendet, die Entwicklung des Kandidat-O-Mat wird ja nicht eingestellt. Ganz im Gegenteil: bei der kommenden OB-Wahl in Offenburg, bei der übrigens die Amtsinhaberin nicht mehr antreten wird, soll der Kandidat-O-Mat erneut online gehen.

Die Entscheidung Ihrer Bitte nicht nachzukommen und den Kandidat-O-Mat ohne Beteiligung des Oberbürgermeisters online gehen zu lassen, haben wir uns nicht leichtgemacht, zumal auch im Kreis unserer hauptamtlichen und freien Mitarbeitenden die Meinungen dazu auseinandergehen und sich vor allem so viele engagierte junge Menschen mit hoher Kompetenz am „Making of“ des KOM beteiligt haben.

Wir können die Entscheidung des Freiburger Oberbürgermeisters zwar nachvollziehen. Verstehen können wir sie nicht. Natürlich ist es sein gutes Recht die Teilnahme am Kandidat-O-Mat zu verweigern. Seine Vorwürfe, dass neben populistischen Thesen auch unklare Formulierungen und Thesen mit geringer politischer Bedeutung ein falsches Bild der Kommunalpolitik zeichnen, ist ja durchaus zutreffend. Natürlich hat der KOM Schwächen und erleichtert Kandidierenden, die wenig realpolitische Wahlversprechen machen und Wahlaussagen gezielt als Wunschkataloge anlegen die Positionierung und die Übereinstimmung mit ähnlich denkenden Userinnen und Usern. Dieses Problem ist allerdings nicht auf die online-Welt begrenzt. Und man sollte auch nicht das Urteilsvermögen von Bürgerinnen und Bürgern unterschätzen, die dies durchaus erkennen und zu unterscheiden mögen.

Die Absage von Dr. Dieter Salomon ist deshalb gerade für uns enttäuschend, die wir mit viel Engagement und Aufwand immer wieder versuchen die politische Bildung anschaulich und innovativ zu gestalten.

Der Landeszentrale für politische Bildung als überparteilicher Einrichtung des Landes Baden-Württemberg ist jedoch an Einvernehmen gelegen und der Beteiligung aller Kandidierenden gelegen. Es geht ja nicht um eine einzelne Podiumsdiskussion, an der eben ein Kandidat nicht teilnimmt. Durch die Absage eines relevanten Kandidaten wird die gesamte Architektur des Kandidat-O-Maten in Frage gestellt. Es ergibt sich dadurch ein völlig verzerrtes Bild von Übereinstimmung.

Würden wir Ihrer Bitte nachkommen, wäre der Kandidat-O-Mat ein „Herausforderer-Tool“ aber eben nicht ein Tool für alle Kandidierenden. Auch wenn das Elektorat sich geändert hat, haben 2010 mehr als 50% Dr. Dieter Salomon die Stimme gegeben. Diese Wählerinnen und Wähler und damit potenziellen KOM-Nutzer wären in einem überparteilichen Tool mit ihren Interessen und Positionen nicht abgebildet.

Wir hoffen deshalb auf Ihr Verständnis, dass die Landeszentrale für politische Bildung nicht ihren Anspruch der Kontroversität aufgeben will, die nur dann wirklich gewahrt ist, wenn alle relevanten Personen und Positionen im Kandidat-O-Mat abgebildet werden.

Wir danken Ihnen sehr für Ihre Rückmeldung und vor allem Ihr Engagement als Bewerber*in. Unsere Demokratie lebt von (personellen und inhaltlichen) Alternativen. Wir freuen uns auf die weiteren Wahlkampf-Wochen und wünschen Ihnen die dafür notwendige Kraft und Energie, aber auch die Freude und den Spaß am Streiten.

Gelegenheit alle Bewerber*innen persönlich kennenzulernen, gibt’s übrigens bei einer weiteren wohl eher ungewöhnlichen Veranstaltung der LpB-Außenstelle Freiburg am 17. April 2018 im Freiburger Audimax: (OB)-Zimmer frei – das WG-Wahl-Casting: https://www.facebook.com/events/1997170887173494/

Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Einladung annehmen. Hier können wir auch gerne weiter über das Für und Wider des Kandidat-O-Maten und die Gründe für unsere Nichtdurchführung diskutieren. Und wer weiter Heißhunger auf Wahl-O-Mat, Kandidat-O-Mat und andere Voting Advice Applications hat, der kann sich noch mit diesem Aufsatz auseinandersetzen, den wir zum Landtags-Wahl-O-Mat 2016 geschrieben haben: http://pdf-ins-internet.de/easy-voting-tools-in-der-politischen-bildung/

Michael Wehner,
Leiter der Außenstelle Freiburg

Quelle: https://www.facebook.com/lpbFR/posts/1618440021572010